Lesestoff

Raynor Winn. Der Salzpfad

Mein Weg in die Selbstständigkeit führte über einen Weg im Himalaya. Raynor und Moth Winn wiederum gingen den South West Coast Path in Großbritannien – nachdem sie alles verloren hatten. Mit einem kleinen Zelt und billigen Schlafsäcken zogen sie los und fanden trotz aller Widrigkeiten eine neue Zukunft.

Es ist eine wahre Geschichte und ein Triumph über das Schicksal: Raynor und Moth Winn, seit 32 Jahren ein Paar, hatten eine Farm in Wales. Über Jahrzehnte bauten sie diese auf, renovierten auf eigene Faust die Gebäude, hielten Schafe und Hühner, vermieteten Ferienwohnungen – lebten ihren Traum. Doch dann investieren die beiden eine große Geldsumme in eine Firma, die einem Freund von Moth gehörte. Die Firma geht pleite und der Freund behauptet, der Investmentvertrag sei so gestaltet, dass Raynor und Moth für die Schulden haften. Obwohl sie vor Gericht das Gegenteil beweisen können, verlieren sie alles: ihre Farm, den Glauben ans Gesetz, das Vertrauen in eine jahrelange Freundschaft, die existenzielle Grundlage ihres Lebens. Als schließlich die Gerichtsvollzieher anklopfen, sitzen Raynor und Moth in ihrem Farmhaus unter einer Treppe und fassen einen Plan: Jetzt, wo sie obdachlos sind, bleibt nur eines: einfach weggehen. Sie entscheiden sich für den längsten Fernwanderweg in Großbritannien: den South West Coast Path – über 1.000 Kilometer lang und ursprünglich angelegt, um Schmuggler aufzuspüren.


„Sie haben jetzt das Salz im Blut.
Das gefällt mir.“


Alles, was Raynor und Moth nach der Gerichtsvollziehung bleibt, passt in einen Rucksack und so ziehen sie los: mit einem kleinen Zelt, billigen Schlafsäcken, nicht regendichten Jacken, einem Gaskocher, Nudeln, Reis, Fudge-Riegeln und Wasser in zwei Plastikflaschen – obdachlos und mit nur wenigen Pfund am Konto. Sie campen wild, gehen in Weißdornhecken aufs Klo, leiden Hunger und Durst, frieren in ihren zu dünnen Schlafsäcken, verirren sich im Nebel, gehen bei Sturm und starkem Regen, begegnen ungewöhnlichen Tieren, treffen seltsame Menschen und werden stets misstrauisch beäugt, wenn sie die Wahrheit erzählen: dass sie gehen, weil sie kein Zuhause haben. Doch langsam finden Raynor und Moth zwischen den vielen Schritten zu sich selbst zurück. Sie schauen den Möwen zu, richten ihren Blick übers Meer und erfahren dabei: Jede Stunde ist kostbar… jede Minute zählt… wie schön ist die Freiheit… so viel Kraft schenkt die Natur… wie wichtig ist die Liebe. Dann aber kommt der Oktober, die Nächte in den dünnen Schlafsäcken werden unerträglich kalt und ein Leben am South West Coast Path ist nicht länger möglich. Nun müssen Raynor und Moth entscheiden, wie es mit ihnen weitergehen soll…

Ein inspirierendes Buch voll Menschlichkeit und Herzenswärme, das mich an meine Reise durch den Himalaya und ihre Wirkung erinnerte: Als ich danach meinen Job ins Blaue hinein kündigte und eine Zeitlang ohne Arbeit war, wurde ich ebenfalls misstrauisch beäugt. Was, wenn das alle tun würden? Einfach alles hinschmeißen? Diese unausgesprochene Frage sah ich oft im Stirnrunzeln meiner Gesprächspartner. Die Monate in Unsicherheit waren hart und trotzdem würde ich es wieder tun – es ist so schön, mitten im Leben ein neues Leben zu beginnen!

Im Dumont Verlag um 16,50 Euro
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Das flüssige Land
Die wahre Geschichte von Raynor und Moth Winn – so ungewöhnlich, dass sie zum Bestseller wurde. Inspirierend!